Ein Forschungsprojekt im Rahmen des BMBF-Förderprogramms
Ziel des Projektes „Koordination ungebundener vor-Ort-Helfer zur Abwendung von Schadenslagen“ (KUBAS) ist die Koordination ungebundener, freiwilliger Helfer vor Ort. Insbesondere sollen ihre Potentiale bei der Bewältigung von langanhaltenden, v. a. aus Naturphänomenen resultierenden Großschadenslagen sowie der Herstellung des Status-quo-ante besser nutzbar gemacht werden. Für das Schadensszenario einer Hochwasserkatastrophe wird eine Gesamtlösung entwickelt, die die Aktivitäten freiwilliger Helfer vor Ort mit den Aktivitäten institutioneller Einsatz- und Führungskräfte möglichst effizient und effektiv zusammen führt. Für die bestmögliche Einbindung der Bevölkerung wird ein ganzheitlicher und zyklischer Lösungsansatz über die Phasen der Vorsorge, Bewältigung und Wiederherstellung verfolgt und aktuelle Kommunikationstechnik und IT-gestützte Entscheidungsunterstützung eingesetzt.
Im Kern des Forschungsprojektes werden mögliche Schadensszenarien identifiziert, in denen die Einbindung (vieler) ungebundener Helfer vor Ort sinnvoll, zielführend und zulässig ist. Es werden Methoden erforscht, die eine bestmögliche Koordination der freiwilligen Helfer in unterschiedlichen Schadensszenarien mit unterschiedlichen Kommunikationsmöglichkeiten sicherstellen kann. Diese werden im innovativen KUBAS-System umgesetzt, das in bestehende Infrastrukturen (Einsatzleitsysteme, Endgeräte) integriert wird. Damit wird vorrangig der für das Management einer Schadenslage zuständige Krisenstab in die Lage versetzt, das verfügbare Potential freiwilliger Helfer bei der Bewältigung effektiv zu nutzen.
Das KUBAS-System mit seinen Komponenten führt hierfür weitestgehend automatisiert und situationsspezifisch angebotene Hilfe aus der Bevölkerung oder auch spezialisierter Helfer (wie z. B. Firmen als Leistungserbringer) mit den Hilfsbedarfen auf Seiten der Einsatz- und Führungskräfte der i.d.R. nicht-polizeilichen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) vor Ort zusammen. Die Evaluierung wird im Rahmen von Katastrophenschutzübungen am Beispiel der Hochwasserkatastrophen vorgenommen. Ziel ist es, durch den Einsatz des KUBAS-Systems und die damit ermöglichte zielgeführte, situationsgerechte Unterstützung sowohl die Resilienz der Bevölkerung als auch der Einsatzkräfte nachhaltig zu verbessern.
Abbildung: Prozessorientierte Einbindung freiwilliger Helfer durch KUBAS in das Management der Katastrophenbewältigung
Nach Eintreten eines katastrophalen Ereignisses müssen Bewältigungsprozesse auf operativer Ebene eingeleitet werden, um die Sicherheit von Menschen, Systemen und Sachwerten schnellstmöglich wiederherzustellen. Hierbei wird dem "Command and Control"-Prinzip folgend eine streng hierarchischer Aufbau des Katastrophenmanagements mit einer zentralisierten administrativ-organisatorischen Ebene (Krisenstab) als unerlässlich angesehen.
Im Fokus der Koordination stehen, wie eigene Recherchen zeigen, bisher fast ausschließlich operativ-taktische Einheiten unterschiedlicher Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Die Einbindung ungebundener Freiwilliger in die etablierten Strukturen wird meist nur am Rande thematisiert. Vorhandene Arbeiten zu freiwilligen Helfern betrachten zudem v.a. so genannte "virtual volunteers“, die über Soziale Medien Katastrophen-relevante Informationen zur Verfügung stellen und zur Aufklärung der Lage vor Ort beitragen.
Vor Ort eingebundene „physical volunteers“ hingegen werden nur in wenigen Projekten thematisiert (Link: Themenverwandte Projekte), obwohl diese z. B. durch Versorgungsaufgaben oder Unterstützung mit Geräten die Schlagkraft regulärer BOS-Einheiten deutlich erhöhen können. Eine effektive und effiziente Einbindung dieser freiwilligen Helfer in die Abläufe des Katastrophenmanagements ist dringend geboten, um zukünftige Katastrophen bspw. auch unter ungünstigeren Bedingungen bewältigen zu können und das Engagement der Bevölkerung aufrecht zu erhalten. Hierfür bedarf es als Ergänzung zu bisherigen Forschungsprojekten und -ergebnissen neuer Werkzeuge, die eine zentrale Steuerung durch den Krisenstab resp. Einsatzleiter mit möglichst geringer zusätzlicher Belastung erlauben, Soziale Medien an den „richtigen“ Stellen mit einbeziehen und von den freiwilligen Helfern akzeptiert und genutzt werden. Auch die Katastrophenvorsorge steht damit vor neuen Herausforderungen, die stärker den ein-fachen, schnellen und anpassbaren Zugang zu einer Plattform fokussieren sollte als auf die Registrierung, Verwaltung und Organisation der Helfer im Vorfeld.
Nach Eintreten eines katastrophalen Ereignisses müssen Bewältigungsprozesse auf operativer Ebene eingeleitet werden, um die Sicherheit von Menschen, Systemen und Sachwerten schnellstmöglich wiederherzustellen. Hierbei wird dem "Command and Control"-Prinzip folgend eine streng hierarchischer Aufbau des Katastrophenmanagements mit einer zentralisierten administrativ-organisatorischen Ebene (Krisenstab) als unerlässlich angesehen.
Aufgrund veralteter, unvollständiger, widersprüchlicher oder sogar falscher Informationen trafen unzählige Freiwillige an überfüllten oder bereits abgearbeiteten Einsatzorten ein, während andere Standorte unterbesetzt waren und dringend zusätzliche Helfer benötigt hätten. Motiviert durch diese Erfahrungen gingen die Mitarbeiter des Lehrstuhls noch während der Katastrophe der Frage nach, wie zukünftig mit informationstechnologischen Möglichkeiten die Koordination der Freiwilligen unterstützt werden kann. Aus diesen Überlegungen ging das „Hands2Help“-Projekt hervor, dessen Ziel es war, eine Smartphone-App zu entwickeln mit deren Hilfe die Freiwilligen bedarfsgerecht an Einsatzorte vermittelt werden können. Das Hands2Help-Team um Prof. Dr. Stefan Sackmann, Marlen Hofmann und Hans Betke gewann unter anderem den SCIDEA Ideenwettbewerb des Landes Sachsen-Anhalt 2013, wodurch sich neue Kooperationsmöglichkeiten z.B. mit dem Landesfeuerwehrverband Sachsen-Anhalt auftaten. Auch die Abteilung für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungsdienst (BKR) der Stadt Halle zeigte sich begeistert von den Potentialen des Projektes.
Aus der so entstandenen Zusammenarbeit zwischen dem Lehrstuhl für betriebliches Informationsmanagement und der Abteilung BKR Halle gingen mehrere Projektseminare und Abschlussarbeiten zur IT-gestützten Koordination freiwilliger Spontanhelfer hervor. Deren Ergebnisse konnten genutzt werden, um die Entwicklung eines Prototyps zur App-basierten, bedarfsgerechten Vermittlung von Helfern voranzutreiben und die Machbarkeit sowie die Vorteile eines solchen Systems zu aufzuzeigen. Mit dem Prototyp erfolgten Livepräsentationen bei öffentlichen Anlässen wie der Langen Nacht der Wissenschaften, aber auch bei Fachtagungen z.B. im Rahmen von Workshops des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Da mit der Feststellung sowohl der Machbarkeit, als auch des Nutzens eines IT-System zur Koordination freiwilliger Helfer die Ziele des Hands2Help-Projektes erreicht waren, wurde das Nachfolgeprojekt KUBAS im Rahmen des Förderprogramms „Zivile Sicherheit – Erhöhung der Resilienz im Krisen- und Katastrophenfall“ des BMBF beantragt. Mit KUBAS widmet sich nun ein vielseitiges Projektkonsortium der Beantwortung offener technischer, organisatorischer und rechtlicher Forschungsfragen mit dem Ziel, ein einsatzbereites Koordinationssystem zu entwickeln.
Identifikation und Definition technisch funktionaler Anforderungen an eine Plattform zur Koordination ungebundener vor-Ort-Helfer im Sicherheitsszenario unter Einbindung aller beteiligten Stakeholder (assoziierte Partner) und Berücksichtigung der für Deutschland geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen.
Als ziviles Sicherheitsszenario wird die Bewältigung einer eskalierenden Hochwassersituation unter Beteiligung der Bevölkerung zugrunde gelegt, bei der die Kommunikationsinfrastruktur nicht wesentlich beeinträchtigt ist. Da bislang die effiziente und effektive Einbindung freiwilliger Helfer vor Ort weder institutionell noch strukturiert erfolgt, ist diese Einbindung das Kernziel des beantragten Forschungsvorhabens. Zentrale Aufgaben hierbei sind sowohl phasenspezifisch als auch -übergreifend (a) im Rahmen der Vorsorge individuelle Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, (b) bei der Bewältigung eine Visualisierung der Lage sowie Entscheidungsunterstützung zum effektiven und effizienten Einsatz von Personal-/Sachressourcen zur Verfügung zu stellen, (c) den Koordinationsaufwand im Katastrophenfall zu minimieren und die erforderliche Kommunikation zwischen Krisenstab, Einsatzkräften vor Ort sowie freiwilligen Helfern zu unterstützen, zu strukturieren und möglichst zu automatisieren.
Das Teilvorhaben der Universität Regensburg befasst sich insbesondere mit der Entscheidungsunterstützung bei der Zuordnung und Verteilung der freiwilligen Helfer entsprechend Ihrer Eigenschaften und der Anforderungen der verschiedenen Einsatzmöglichkeiten.
Weitere InfosEin wichtiges Ziel des Teilvorhabens der MLU Halle-Wittenberg ist die Entwicklung von Kommunikationsworkflows zur Teilautomatisierung der Kommunikation zwischen freiwilligen Helfern und Krisenstab. Darüber hinaus werden Methoden erforscht, um die Koordinationsleistung durch Be-und Entlastung der Stabsmitglieder messbar zu machen und es wird ein Simulationswerkzeug entwickelt, mit dem das Kommunikationsverhalten freiwilliger Helfer analysiert werden kann.
Weitere InfosDie KSB Halle widmet sich in ihrem Teilvorhaben vor allem den fachlichen Aspekten des Gesamtvorhabens. Dazu gehört unter anderem die Definition von Schadensszenarien und entsprechender Einsatzmöglichkeiten für freiwillige Helfer, sowie die Ausarbeitung und Durchführung geeigneter Katastrophenschutzübungen zur Koordination freiwilliger Helfer.
Weitere InfosDas Teilvorhaben beinhaltet vor allem die softwaretechnische Implementierung des KUBAS-Systems anhand eines zyklischen Phasenmodells. Dazu gehört die Entwicklung von Demonstratoren der KUBAS-Vermittlungsplattform, eines KUBAS-Moduls zur Erweiterung etablierter Einsatzführungssysteme und der Kommunikationsanwendungen für die freiwilligen Helfer.
Weitere Infos